Hilfe leisten statt Miete zahlen – eine pragmatische bedürfnisorientierte Lösung

„Wohnen für Hilfe“ Köln – eine Initiative bei „Gesunde Nachbarschaften“

Die einen suchen bezahlbaren Wohnraum, die anderen haben ihn und wollen kleine Hilfen oder Gesellschaft. „Wohnen für Hilfe“ in Köln hält eine Lösung parat. Hier werden Studentinnen und Studenten an Wohnraumanbieter vermittelt, die gegen kleine Alltagshilfen auf Miete verzichten.

Das Konzept kann funktionieren, wenn beide Seiten realistisch sind und mit Augenmaß handeln. Und natürlich muss die „zwischenmenschliche Chemie“ stimmen!

„Wohnen für Hilfe“ in Köln ist eines von insgesamt 39 Projekten, die sich als Initiative der Aktion „Gesunde Nachbarschaften“ angeschlossen haben. Das Projekt von Heike Bermond und Sandra Wiegeler fördert die gegenseitige Hilfe in der Nachbarschaft. Sie vermitteln in Köln Wohnpartnerschaften zwischen Studierenden und Seniorinnen und Senioren. Wohnen für Hilfe startete vor sechs Jahren, seitdem haben rund 330 Senioren im Alter von 60 bis über 90 Jahren schon Wohnraum für Studenten zur Verfügung gestellt. Das funktioniert bis ins hohe Alter: 32 der Wohnraumanbieter sind über 90 Jahre alt!

Das Modell kann für beide Seiten nützlich sein.

Das neue Wohn-Modell bietet Vorteile für alle Beteiligten: Die Seniorinnen und Senioren sind nicht mehr allein, die Studierenden geben ihnen Sicherheit. „Auch die Studenten können sich Gesellschaft wünschen, besonders, wenn sie neu in der Stadt sind.“, so die Organisatorinnen. Als Ansprechpartnerinnen stehen sie den Beteiligten zuverlässig zur Seite. Mehr als die Hälfte der Wohnraumanbieter sind „Wiederholungstäter“, viele beherbergen schon den vierten oder fünften Studierenden bei sich!

Gegenseitige Hilfe im Alltag

Auch junge Familien, Alleinerziehende und Menschen mit Behinderung gehören zu den Vermietern. Die Studenten wohnen „mietfrei“, leisten dafür aber Hilfe – pro Quadratmeter Wohnen eine Stunde im Monat. Bei einer Zimmergröße von 16 bis 20 Quadratmetern hilft der Studierende vier bis fünf Stunden pro Woche. Es bleibt genügend Zeit für das Studium. Hilfe bei Arbeiten im Haushalt oder Garten, bei der Erledigung von Einkäufen, der Begleitung zum Arzt oder bei der Kinderbetreuung sind besonders gefragt. Ausgeschlossen von der Hilfe sind Pflegeleistungen, nicht jedoch Hilfe bei deren Koordination und Beantragung. Für die Mieter fallen weiterhin die Nebenkosten an, die es zu zahlen gilt.

Gut beraten

Bei der Vermittlung füllen die Interessierten zunächst in einem gemeinsamen Gespräch mit den Ansprechpartnerinnen einen Fragebogen aus. Wünsche aber auch Ängste sollen hier offen ausgesprochen werden. „Uns ist wichtig, dass die Interessierten eine realistische Vorstellung davon erhalten was ,Wohnen für Hilfe‘ bedeutet und ob es zu Ihnen passt oder nicht. Beim gemeinschaftlichen Wohnen braucht es Regeln und eine klare Kommunikation“ betonen die Initiatorinnen. Auch ein Probewohnen ist möglich. „Manche vereinbaren ein Wochenende, andere zwei bis drei Wochen“, so Bermond und Wiegeler. Die längste Wohnpartnerschaft hält übrigens schon über sechs Jahre!

Gelebte Vielfalt

Die Initiative „Wohnen für Hilfe“ hat sich jetzt der Aktion „Gesunde Nachbarschaften“ angeschlossen. Die AOK Rheinland/Hamburg und das Netzwerk Nachbarschaft sind die Initiatoren. Sie fördern Nachbarschafts-Initiativen direkt vor Ort. Die AOK möchte das Helfen in der Nachbarschaft bzw. die Nachbarschaftshilfe bewerben und dazu ermuntern, Ideen zu befördern und den erfolgreichen, gelungenen Beispielen zu folgen.

Nachbarinnen und Nachbarn sind herzlich eingeladen, sich der Aktion anzuschließen.

Anmeldungen über info@netzwerk-nachbarschaft.net, Informationen zu Initiativen in anderen Städten unter: www.aok-gesunde-nachbarschaften.de und www.wohnen-für-hilfe.info

Letzte Aktualisierung: 2. Dezember 2015

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