Dokumentation der Frühjahrsakademie 2020 #KulturImQuartier

Workshop: Kunst und Kultur – Dünger für Begegnung in der Stadtteil-Oase

kubia LogoFür die zweite Workshopreihe des ersten Tages der Frühjahrsakademie 2020 organisierten Imke Nagel vom Kompetenzzentrum für Kulturelle Bildung im Alter und Inklusion (kubia) sowie Roland Brus, Färberei e.V., einen Workshop mit dem Titel „Kunst und Kultur: Dünger für Begegnung in der Stadtteil-Oase“.

Vor allem diente der Workshop als Inspirationsquelle, um weitere Möglichkeiten für generationsübergreifende Begegnungen in der Nachbarschaft zu entdecken.

Der Workshop schaffte den Raum für den Austausch über generationenübergreifende Projekte, die sich insbesondere unter Einbezug von Kunst und Kultur ermöglichen lassen würden. Die Frage „Warum und wie können gerade Kunst und Kultur zur Begegnung in der Nachbarschaft beitragen?“ wurde im Workshop beantwortet.

Die Teilnehmenden des Workshops konnten eine weitere Perspektive, welche Kunst und Kultur eröffnen kann, kennenlernen, um somit Verbesserungsmöglichkeiten in der Quartiersarbeit zu kreieren. Die Möglichkeiten für solche Begegnungen reichen von Projekten wie Kunstaktionen, Stadtschreibergeschichten und Portraits über Filme und Ausstellungen, welche am Beispiel Wuppertal im Namen des Modellprojekts „Utopolis – Soziokultur im Quartier“ gezeigt wurden. Diese Anregungen aus dem Workshop konnten die Teilnehmenden als Denkanstoß für ihre Quartiersarbeit mitnehmen.

Ein Bericht der Workshopleitung:

Kunstaktionen, Stadtschreibergeschichten, Portraits, Filme und Ausstellungen machen Potenziale im Stadtteil Wuppertal-Oberbarmen/Wichlinghausen sichtbar. Der Stadtteil hat eine hohe Arbeitslosenquote und unterschiedliche Kulturen und Lebensläufe kommen hier zusammen. Künstler*innen und Engagierte fragen: Welche Überlebensexpert*innen und Überlebenstechniken finden sich im Quartier? Wie können wir die Wüste gemeinsam verwandeln? Was liegt unter dem Sand?

Das generationenübergreifende Projekt „Die Wüste lebt!“ der Färberei in Wuppertal ist Teil des Modellprogramms „Utopolis – Soziokultur im Quartier“. Anhand von Erfahrungen aus dem Projekt kamen wir ins Gespräch zur Frage: Warum und wie können gerade Kunst und Kultur zur Begegnung in der Nachbarschaft beitragen?

Oasen

Leerstehende Geschäftsräume können zu dritten Orten für Menschen aus dem Quartier werden. Mit Tee, Lagerfeuer und Samowar lassen sich Begegnungen inszenieren. Auch ein Marktwagen oder nur ein Sofa können zu Viertel-Treffpunkten werden.

Mithilfe von Liegestühlen und einer Tonne Sand verwandelten Künstler*innen im Rahmen des Projekts „Die Wüste lebt“ ein leerstehendes Ladenlokal zu einer Oase, einem einladenden Aufenthaltsort und Treffpunkt für alle. Persönlich, mit Flyern und via Facebook wurden Quartiersbewohner*innen z.B. aus dem Altenheim eingeladen.

Persönliche Geschichten und Perspektiven

Ästhetische Erfahrungen können neue Perspektiven auf das eigene Quartier vermitteln, indem sie verzaubern, aber mitunter auch verstören.

Im Rahmen des Wüstenprojekts werden – in der Tradition von Oral History – in Interviews persönliche Geschichten und Perspektiven aus dem Viertel gesammelt. Auf einer offenen Lesebühne unter freiem Himmel lesen unterschiedliche Bewohner*innen Biografisches, Meinungen, Erfahrungen und Gedanken ihrer Viertelsnachbar*innen vor. Die Lesungen bringen Menschen miteinander ins Gespräch und machen unterschiedliche Stimmen im Viertel sicht- und erfahrbar. Projektleiter Roland Brus hat das Potenzial dieser Lesungen, neue Perspektiven zu eröffnen, genutzt und Lese-Aktionen auch in der Jobagentur und bei Veranstaltungen mit städtischen Entscheidungsträgern durchgeführt.

Um Bürger*innen sichtbar zu machen und ihre Bedeutung zu zeigen, beklebten die Künstler*innen nach der Bundestagswahl die Wahlplakate mit großformatigen Abzügen von Porträtfotos unterschiedlichster Quartiersbewohner*innen.

Gesichter und Geschichten aus dem Stadtteil finden sich auch in der Quartierszeitung „Der Sand“ (gibt es auch in einer Online-Version) wieder. Auch sie zeigt, welche Potenziale im Stadtteil zu finden sind. 

Ortswechsel – Abbau von Berührungsängsten

Wöchentlich trifft sich im Rahmen des „Die Wüste lebt“-Projekts der Straßenchor unter professioneller musikalischer Leitung. Nach kurzem Einsingen, wandert der Straßenchor in das Viertel und singt an unterschiedlichen Orten, am Bahnhof, der Bushaltestelle, in Ladenlokalen. So fanden sich beispielsweise Mitsänger*innen in einem orientalischen Friseursalon und im italienischen Restaurant. Gemeinsam wurden dort mit den Gastgeber*innen und anderen Besucher*innen Lieder geschmettert und Tee getrunken.

Einladung zum Spiel

Künstler*innen sind in einer überparteilichen Rolle. Ohne Bewertung können sie mit künstlerischen Mitteln mit den Menschen auf der Straße in Kontakt kommen. Selbstverständlich sollte sein, dass sie die Menschen dabei ernst nehmen.

In Reaktion auf den Wunsch von vielen nach mehr Sicherheit und Angstfreiheit auf einem bestimmten öffentlichen Platz, zogen Künstler*innen-Forscher der Mobilen Oase ihre Laborkittel an. Sie markierten den Platz als angstfreie Zone und bauten eine Angstabgabe-Station auf. Dort konnten die Bewohner*innen ihre Ängste benennen und in gut verschlossene Gläser deponieren. Im Verlauf des Tages bekam die Kunstaktion volksfestähnlichen Charakter, Menschen kamen und brachten Selbstgebackenes mit und verweilten in lockerer Atmosphäre.

Künstlerische Ansätze in der Quartiersarbeit können das Leben im Viertel schmackhafter machen und mehr Miteinander herstellen. Mit künstlerischen Aktionen und Methoden lassen sich Einladungen aussprechen: Um miteinander ins Gespräch zu kommen und sich spielerisch zu begegnen. Sie können Impulse geben für die Erweiterung der Perspektiven auf den eigenen Stadtteil und damit horizonterweiternd wirken. 

Informationen zur Workshopleitung

Färberei LogoRoland Brus, Regisseur und bildender Künstler ist Leiter des generationenübergreifende Projekt „Die Wüste lebt!“ und des Kunstprojektes Mobile Oase. Mehr Informationen über die Arbeit finden Sie auf der Website der Organisation oder unter der Facebookseite „Mobile Oase Oberbarmen“.

Imke Nagel ist Bildungsreferentin im Kompetenzzentrum für Kulturelle Bildung im Alter und Inklusion (kubia). kubia ist Fachforum und Serviceplattform für Kulturelle Bildung im Alter, Kulturgeragogik und inklusive Kulturarbeit in Nordrhein-Westfalen. kubia unterstützt Kulturanbieter und Verwaltungen sowie Tätige in der sozialen Altenarbeit und Pflege durch Forschung, Beratung, Qualifizierung, Vernetzung und Information. Mehr Informationen zu kubia finden Sie auf der Website des Kompetenzzentrums.

Weiteres zur Frühjahrsakademie

Gesamte Dokumentation der Frühjahrsakademie 2020 (wird kontinuierlich ergänzt)

Informationen rund um die Frühjahrsakademie des Forum Seniorenarbeit NRW

Letzte Aktualisierung: 27. April 2020

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