Videokonferenzen für ältere Menschen mit Sehbehinderung barrierearm gestalten

Videokonferenzen sind für ältere Menschen eine Möglichkeit zur Teilhabe, ob im sozialen Kontext, im Ehrenamt oder im beruflichen Zusammenhang. Seit 2020 gerät dies durch die Corona-Pandemie zunehmend ins Bewusstsein.

Gerade bei älteren Menschen steigt der Anteil deren, die eine Sinnesbehinderung haben. Zu den Sinnesbehinderungen zählen eine Sehbehinderung oder Blindheit, sowie Schwerhörigkeit und Gehörlosigkeit und auch die Einschränkung beider Sinne, die Taubblindheit.

Im Folgenden möchten wir Tipps geben und Wege aufzeigen, wie auch ältere Menschen mit Sehbehinderung barrierearm an Videokonferenzen teilnehmen können.

Blindheit und Sehbehinderung

Sehbehinderter Mann sitzt auf einer bank mit seinem Hund.Schätzungen zu Folge sind 1,2 Millionen Menschen in Deutschland blind oder sehbehindert. Aufgrund altersbedingter Augenerkrankungen, wie zum Beispiel der altersbedingten Makuladegeneration, ist das durchschnittliche Alter der Menschen mit Sehbehinderung in Deutschland hoch.

Ein häufiges Phänomen ist auch, dass ältere Menschen viel schlechter sehen können, als ihr Umfeld oder sie selber es wahrnehmen. Häufige Merkmale sind Aussagen wie:

  •  „Bei Schnee geh ich nicht raus, da sehe ich nichts.“
  • „Früher habe ich viel gelesen aber jetzt mag ich das nicht mehr/ jetzt bekomme ich immer Kopfschmerzen davon.“
  •  „Ich erkenne Leute, die ich treffe immer erst, wenn ich direkt vor ihnen stehe.“

Die barrierefreie Gestaltung von Videokonferenzen für Menschen mit Sehbehinderung gliedert sich in zwei Teile: erstens die technischen Voraussetzungen und zweitens das Verhalten aller Teilnehmenden während der Konferenz.

Auch vorab gilt es, die Barrierefreiheit zu beachten. Einladungen zu Videokonferenzen oder Onlineveranstaltungen sollten immer barrierefrei und mit ausreichend Vorlaufzeit (mindestens 2 Wochen) verschickt werden. Eine gute Anleitung zur Nutzung des Tools muss als ein barrierefreies Dokument und ggf. auch als Audiodatei zur Verfügung gestellt werden.

Bei älteren Teilnehmenden mit Sehbehinderung ist es sinnvoll, einen Probelauf zu machen, bei dem die Teilnehmenden in Ruhe ausprobieren können, sich einzuloggen oder einzuwählen.

Wie erkenne ich ein gutes Programm für Videokonferenzen?

Es gibt sehr viele Anbieter*innen für Videokonferenztools auf dem Markt. Bei der Auswahl sollte auf folgende Punkte geachtet werden:

  •  Ist es möglich sich per Telefon und per Video dazuzuschalten?
    • Oft ist es gerade für ältere Menschen einfacher sich mit dem bekannten Telefon einzuwählen.
  • Ist es möglich, dass der Moderator die Teilnehmenden stumm/laut schalten kann.
    • So kann vermieden werden, dass die Teilnehmenden Probleme haben mitzureden, weil sie die Taste zur Aufhebung der Stummschaltung nicht finden.
  • Gibt es eine Liste mit Tastaturkürzel (zum Beispiel Alt+V für „Video beenden“)
  •  Ist die Bedienoberfläche des Tools übersichtlich und kontrastreich?

Kommunikation und Verhalten während der Videokonferenz

  •  Nennen Sie Ihren Namen bevor sie sprechen.
  • Im Idealfall keine Dokumente während der Videokonferenz teilen.
  •  Müssen Dokumente gezeigt werden, sollte der/die Sprecher*in diese vorab (mindestens 2 Tage) per E-Mail an alle Teilnehmenden verschickt haben und das Dokument zusätzlich während der Präsentation beschreiben.
  •  Videos müssen eine Audiodeskription beinhalten.

Nach der Videokonferenz sollte das Protokoll als barrierefreies Worddokument verschickt werden.

Quellen und weiterführende Links

Tipps vom deutschen Blinden und Sehbehindertenverband

Barrierencheck für Konferenzplattformen – Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (dbsv.org)

Tastaturkürzel Zoom

Checkliste zur Erstellung barrierefreier Dokumente

Leitfaden zur Erstellung von Alternativtexten

Das KSL-MSi-NRW bietet Schulungen zu den Themen „Sensibilisierung im Umgang und in der Kommunikation zwischen Menschen mit und ohne Sinnesbehinderung“ und „Erstellung barrierefreier Dokumente“ an.

Autorin: Ramona Armbrust (Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben für Menschen mit Sehbehinderung NRW)

Letzte Aktualisierung: 1. Dezember 2021

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Dieser Beitrag ist Teil des Themenmonats 12/2021 "Stärkung digitaler Kompetenzen für ältere Menschen mit erhöhtem Hilfebedarf".

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