Starthilfe für Bürgerengagement (Stadt Wuppertal)

Gelingende Strategien zur Initiierung und Auf-Dauer-Stellung von Bürgerengagement durch träger- bzw. ressortübergreifendes Handeln

Im Workshop sollten am Beispiel zweier Wuppertaler Projekte verdeutlicht werden, wie träger- bzw. ressortübergreifende Strategien einen belastbaren Rahmen für bürgerschaftliches Engagement insbesondere in der Start- und Verselbständigungsphase herstellen können.

Beide Projekte unterscheiden sich in der Art und Weise ihrer Entstehung sowie in der laufenden Zusammenarbeit mit professionellen Strukturen der Seniorenarbeit. Dies sollte als Plattform für den gemeinsamen Austausch über günstige Bedingungen für dauerhaftes Engagement nach gelungenem Start genutzt werden.

Die Seniorenzeitschrift SENTAL wird seit dem Jahre 2011 in enger Kooperation von AK Seniorennetz Wuppertal (dem Zusammenschluss der Hauptamtlichen im Bereich der Seniorenbegegnung von freien Trägern und der Kommune), Seniorenkoordination der Stadt Wuppertal, einem ehrenamtlichen Redakteur und einem Verlag produziert. Sie erscheint dreimal jährlich bei einer derzeitigen Auflage von 10.000 Exemplaren (in Wuppertal leben rd. 340.000 Einwohner, davon sind rd. 95.000 Personen 60 Jahre und älter). Ziel der Zeitschrift ist es, über die Angebote der Wuppertaler Seniorenarbeit sowie lokale Kultur und lokal interessante altersspezifische Themen zu informieren und darüber Gedankenanstöße zu geben sowie neue Altersbilder zu verbreiten. Zielgruppe der Zeitschrift sind Senioren/innen, aber auch darüber hin ausgehend alle interessierten Bürger/-innen.

Die Artikel werden hauptsächlich von ehrenamtlichen Wuppertalerinnen und Wuppertalern verfasst, welche mit dem entsprechenden Thema seit Langem befasst sind und über Expertenkenntnisse  verfügen. Lediglich die Themensteuerung und Korrekturlesung der Artikel wird derzeit noch durch die  Seniorenkoordinatorin übernommen, welche neben dem Verlag auch für die Verteilung der Exemplare zuständig ist.

SENTAL liegt u.a. in allen städtischen Einrichtungen, sowie bei ausgesuchten Apotheken und Ärzten und der Bergischen VHS in Wuppertal aus. SENTAL war ursprünglich als Veranstaltungskalender für Menschen ab 50 Jahren gedacht und wurde durch den herausgebenden Verlag initiiert. Die städtische Altenplanung hatte dabei das Interesse, mittels dieses Veranstaltungskalenders verstärkt auf die Angebote der Begegnungseinrichtungen für Senioren-/innen aufmerksam machen zu können und so den oftmals sehr festen und überalterten Besucherstamm zu vergrößern.
Dies stieß beim AK Seniorennetz auf großes Interesse und führte letztlich dazu, dass SENTAL durch den AK inhaltlich verantwortlich gestaltet wird. Die Hauptamtlichen des AK Seniorennetzwerk legten dabei von Beginn an großen Wert auf die Mitarbeit von engagierten Bürger/-innen, wodurch sich im Laufe der Zeit der redaktionelle Teil immer mehr vergrößerte.

 Was waren die Bedingungen für das bisherige gute Gelingen des Projekts SENTAL in der Startphase?

Grundsätzlich förderlich war die Aufgeschlossenheit aller Beteiligten (Verlag, AK Seniorennetz, Ehrenamtliche) gegenüber der Idee, den geplanten Veranstaltungskalender für die Interessen der Wuppertaler Seniorenarbeit „einzuspannen“. Die Zusammenarbeit zwischen Kommune, kommunalen und freien Trägern der Seniorenbegegnungseinrichtungen und dem privat-gewerblichen Verlag erfordert ein gemeinsames Ziel, gegenseitige Wertschätzung und einen regelmäßigen Fachaustausch, wobei die steuernde und operative Unterstützung durch die kommunale Seniorenkoordination allgemein als sehr förderlich bewertet wird.

Die Zusammenarbeit der Hauptamtlichen mit Ehrenamtlichen gelingt über Einfühlungsvermögen und Kompromissbereitschaft. Dabei bestehen für beide Seiten Herausforderungen: Besondere Befindlichkeiten und Denkweisen müssen wahrgenommen und respektiert werden; Hauptamtliche müssen einfühlsam steuern (z.B. bei unterschiedlichen Qualitätsansprüchen); unterschiedliche Zeitkontingente müssen berücksichtigt werden. Die ehrenamtlichen Redakteure übernehmen je nach Interesse die Bearbeitung von Themen. Um eine gewisse Qualität der Artikel zu gewährleisten, wird es derzeit so gehandhabt, dass die Seniorenkoordinatorin diese vor dem Druck gegenliest.
Im Zusammenspiel der hauptamtlich Tätigen und der Ehrenamtler sind die Rollenverhältnisse klar festgelegt. Derzeit ist es noch notwendig, seitens der Seniorenkoordination Themenvorschläge zu unterbreiten, um eine Themenvielfältigkeit sicherzustellen und einen Zeitrahmen abzustimmen. Als ein sehr wichtiger Punkt konnte hervorgehoben werden, dass die Anerkennung der Ehrenamtler/-innen und ihrer Arbeit seitens der Kommune und der Träger unabdingbar ist, um eine reibungslosen Ablauf der Prozesse zu ermöglichen.

 Wie soll es weiter gehen (Auf-Dauer-Stellen)?

Der AK Seniorennetz möchte weitere Gastautorinnen und Gastfotografen gewinnen. Es ist geplant, dem neu konstituierten Seniorenbeirat im Herbst 2014 das Projekt vorzustellen und dessen Kooperationsinteresse festzustellen.

 Diskussion und Anregungen im Workshop

·  Themen/ Inhalte: Die Steuerung der Themen/ Inhalte ist notwendig, vorgeschlagen wird über Strukturvorgaben einen Rahmen für Themenmeldungen der Ehrenamtlichen zu geben. Die Zeitschrift sollte auch dafür genutzt werden, seniorenpolitische Themen einzubringen.

·  Qualität der redaktionellen Beiträge: Hierzu kommt der Vorschlag, dass ein Workshop zum Thema „Wie schreibe ich einen Artikel?“ seitens der Kommune für interessierte Senioren/-innen angeboten werden könnte. Die Pressearbeit hierfür könnte ebenfalls über die Zeitschrift SENTAL erfolgen. Darüber können dann auch neue Gastautoren gewonnen werden. Ein anderer Vorschlag wirbt für eine Schulung eines festen Teams von ehrenamtlichen Redakteuren. 

·  Verteilung: sinnvoll wäre die Erweiterung der Verteilung der Zeitschrift in die Stadtteile und Quartiere hinein („um die Ecke“)

Das Bürgerforum Heckinghausen war ursprünglich ein stadtteilbezogenes Bürgerbeteiligungsprojekt der Altenplanung im Ressort Soziales. Im Rahmen des Modellprogramms „Aktiv im Alter“ wurde 2008 ein Lokales Bürgerforum unter dem Motto „Wie wollen wir in Zukunft leben?“ unter Beteiligung von rd. 80 Heckinghauser Bürger/-innen im Alter 50+ durchgeführt.

Daraus entstanden verschiedene Arbeitsgruppen (z.B. zum Thema „Mehrgenerationenwohnen“, „Literaturcafe“, „Sauberkeit im Stadtteil“), die ihr „Zuhause“ im professionell geleiteten Stadtteiltreff fanden und dort im Rahmen eines Mitmachtages 2009 ihre Ergebnisse präsentierten. Mit tatkräftiger Begleitung und Unterstützung des hauptamtlichen Leiters des Stadtteiltreffs (der übrigens als ehemaliger Kinder- und Jugendreff im Ressort Kinder, Jugend und Familie angesiedelt ist) konnten alle Aktiven nach dem Ende des Modellprojekts in einem Stammtisch gebündelt werden, der sich letztlich zu einem auf Dauer gestellten Bürgerforum Heckinghausen entwickelte und für neu Interessierte ein Anlaufpunkt schuf. Heckinghausen ist ein kleinerer unter den 10 Wuppertaler Stadtbezirken und hat rd. 21.000 Einwohner, davon gehören rd. 9.000 Bürger/innen zur Generation 50+.

Die Zielgruppe des Bürgerforums ist stark gefächert. Von Kindern bis hin zu Senioren sollen sich alle Einwohner angesprochen fühlen. Um bei den Einwohnern noch stärkere Aufmerksamkeit zu bekommen, wurde das Gebäude des Stadtteiltreffs auf Initiative des Bürgerforums mit einem auffälligen Gelb als Grundfarbe und großflächigen, durch einen Künstler gestalteten Graffitis versehen.

Im Bürgerforum werden derzeit zweimal monatlich ein Sonntagsbrunch und das Reparaturcafe, einmal monatlich Themenabende zu geschichtlichen, medizinischen, sozialen und kulturellen Fragen angeboten. Monatlich gibt es ein Planungstreffen zur Beratung über laufende und neue Aktivitäten. Ein wichtiges Thema für das Bürgerforum ist u. a. auch der Leerstand der Ladenlokale. Hier ist in naher Zukunft ein Gespräch mit einem Immobilienbesitzer geplant, um Möglichkeiten für eine Zwischennutzung oder Dekorierung der Räumlichkeiten zu erörtern. In Zukunft soll ein „Bücherschrank“ des Bürgerforums, der in einer alten Telefonzelle aufgebaut werden soll, den Stadtteil verschönern. Aktive im Bürgerforum sind meist im Alter 50+, aber es gibt durchaus auch jüngere Mitglieder, insofern hat sich das Bürgerforum zu einem generationenübergreifenden Forum entwickelt.

 Was waren die Bedingungen für das bisherige gute Gelingen des Projekts Bürgerforum Heckinghausen in der Start- und Verselbständigungsphase?

Die Überführung des – von Ressort Soziales eingeworbenen und begleiteten – Modellprojekts in Regelstrukturen wurde ermöglicht durch die Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendtreffs zum Stadtteiltreff. Diese erfolgte mit der Zielrichtung, generationenübergreifende Angebote im Stadtteil zu ermöglichen, denn bis dato gab es nur Angebote für Kinder und Jugendliche. Daher stellte das städtische Ressort Kinder, Jugend und Familie die Räumlichkeiten auch älteren Menschen zur Verfügung.

Die Mitarbeit bzw. Unterstützung der Ehrenamtler durch den Hauptamtlichen war in der Verselbständigungsphase und ist auch noch heute unverzichtbar. So unterstützt der Leiter des Stadtteiltreffs das Bürgerforum u.a. durch sein vorhandenes Netzwerk bei Behördenangelegenheiten und Kontaktanbahnung. Neben den Räumen stellt der Stadtteiltreff auch Getränke zur Verfügung, erstellt und verteilt Plakate und Flyer; er beteiligt sich auch selbst an Veranstaltungen des Bürgerforums.

Das Bürgerforum plant seine Aktivitäten selbst und führt sie durch, macht auch eigene Pressearbeit, spricht Interessenten an und beteiligt sich umgekehrt auch an den Veranstaltungen des Stadtteiltreffs. Eine Akquise neuer Mitglieder für das Bürgerforum gestaltet sich allerdings sehr schwierig, da die Bevölkerung des Stadtteils sehr unterschiedlich situiert ist und keine Aufbruchsstimmung herrscht.

 Wie soll es weiter gehen (Auf-Dauer-Stellen)?

Für die Zukunft wird momentan überlegt, inwieweit eine Vereinsgründung die Arbeit im Bürgerforum erleichtern könnte. Konkreter Anlass ist, dass für Heckinghausen ein Antrag auf Förderung nach dem Programm „Soziale Stadt“ vorbereitet wird. Das Bürgerforum arbeitet aktiv an der Entwicklung notwendiger Fördermaßnahmen mit und möchte den im Rahmen der Förderung zur Verfügung gestellten „Verfügungsfond“ ggf. selbst verwalten (Fonds für kleinere, i.d.R. nicht-investive Projekte).

Diskussion und Anregungen im Workshop

·         Beteiligung der Bürgerschaft: es wurde angeregt, nochmals die gesamte Bürgerschaft des Stadtbezirks (oder ggf. kleinerer Einheiten/ Quartiere im Stadtbezirk) anzusprechen, um das Bürgerinteresse zu erheben und Teilhabe zu verstärken (z.B. Community-Organizing-Prozess)

·         Umgang mit Leerständen: hier wurde vorgeschlagen, leere Ladenlokale z.B. für Kinder-Kunst-Aktionen bzw. für „Seniorenangebote vor Ort“ zu nutzen

 Mitwirkende des Workshops

  • Marianne Krautmacher, Stadt Wuppertal
  • Susanne Günther, Diplom-Sozialarbeiterin und Leitung von PHW Senioren Aktiv, Mitglied im Arbeitskreis Seniorennetz Wuppertal, guenther@seniorenaktiv.net
  • Guido Mengelberg, Diplom-Ökonom, Mitglied im Bürgerforum Heckinghausen, guido.mengelberg@live.de

 

Zur Autorin:

Marianne Krautmacher ist Diplom-Soziologin und Fachbereichsleiterin Soziale Planung, Beratung und Qualitätssicherung im Ressort Soziales der Stadt Wuppertal.

Kontakt:

 Stadt Wuppertal, Ressort Soziales
201.5  Soziale Planung, Beratung und Qualitätssicherung
Neumarkt 10
42103  Wuppertal
Telefon: 0202-563 2440
Telefax: 0202-563 4897
marianne.krautmacher@stadt.wuppertal.de

Letzte Aktualisierung: 24. November 2014

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