Der Kampf gegen Einsamkeit ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Es gibt sie nicht nur während der Pandemie, und es sind beileibe nicht nur ältere und alte Menschen betroffen: „Die Corona-Krise wirkt allerdings aktuell wie ein Vergrößerungsglas, das uns das Thema Vereinsamung und Isolation deutlich vor Augen führt“. Jürgen Jentsch, der Vorsitzende der Landesseniorenvertretung Nordrhein-Westfalen (LSV NRW), hört derzeit aus zahlreichen Kommunen, wie bitter sich die vielfach fehlenden Kontakte auswirken. „Aber wir vernehmen andererseits auch erfreut, wie engagiert sich Seniorenvertreter, private Gruppen oder Vereine vor Ort kreativ gegen Einsamkeit einsetzen“.

Hans Kurth, Vorsitzender der kommunalen Seniorenvertretung in Münster, kann das nur bestätigen. „Restaurants und Cafés sind als beliebte Treffpunkte geschlossen, dazu kommen die Ängste vor einer Ansteckung und dann fallen ja auch die regelmäßigen Angebote in Seniorenzentren und Begegnungsstätten aus“. Kurth, der engagiert im selbstverwalteten Begegnungszentrum „Altes Backhaus“ in Münster mitarbeitet, konnte diese Gedanken erst kürzlich in einem Fernseh-Interview
im WDR einem breiten Publikum nahebringen. Dabei wurde deutlich, wie sehr es mit zum Kerngeschäft von Seniorenvertretungen gehört, auf die anderen um sich herum zu achten. „Wir in Münster etwa haben uns bemüht, in den städtischen Corona-Krisenstab die Perspektive der Senioren einzubringen“, berichtet Kurth. Auch weist er auf die große Bedeutung der kleinen Gesten in sozialen Netzwerken, von Telefonaten oder postalischen Grüßen in der Zeit der erzwungenen Distanzen hin, um Kontakte zu halten.

Jürgen Jentsch von der LSV weiß, welche Bedeutung in diesen emotional durch die Advents- und Weihnachtszeit zusätzlich aufgeladenen Zeiten Ansprache und Anteilnahme bekommen. „Das können – coronagerechte – kurze Hausbesuche durch kommunale oder soziale Dienste sein, die Gefahren von Vereinsamung und Rückzug präventiv begegnen können. Oder die Aktion einer Kirchengemeinde, die ihren rund 400 über 80-jährigen allein Lebenden bei einem kurzen Treffen an der Haustür eine „Zehn-Minuten-Weihnachtstüte“ mit Tee, Schokolade, Teelicht und einem Gruß überbrachte. Doch auch viele Seniorenvertretungen landauf, landab tun, was in den Zeiten der sozialen Distanz möglich ist, um zu zeigen, dass Corona nicht alle Beziehungen kappen darf.

Im Übrigen weist Jentsch aber auch deutlich darauf hin, dass es nicht allein um die alten Menschen geht: „Auch viele Jüngere, etwa im Homeoffice oder im Studium am Bildschirm, leiden unter Vereinsamung. Sie haben nur in der Regel mehr Möglichkeiten, daraus zu entkommen. „Einsamkeit zu verhindern ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Erschreckend für den Vorstand der Landesseniorenvertretung: Laut dem Deutschen Zentrum für Altersfragen erhält jeder vierte alte Mensch nur einmal im Monat Besuch von Freunden oder Bekannten, manche haben überhaupt keinen Kontakt nach außen. „Umso wichtiger ist es – nicht nur für die kommunalen Seniorenvertretungen – diese soziale Isolation in Städten und Gemeinden zum Thema zu machen, auch wenn es in diesen Zeiten dafür noch mehr Kraft und Kreativität braucht“. Aber die, so Jentsch zuversichtlich, habe den Seniorenvertretungen ja noch nie gefehlt.

Jürgen Jentsch
Vorsitzender der Landesseniorenvertretung

Homepage der LSV NRW

Letzte Aktualisierung: 10. Dezember 2020

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