Interview: „dasnez“ als digitale Schnittstelle für die Vermittlung von Hilfe

Digitale Werkzeuge in der Zeit von Corona und darüber hinaus – Am Beispiel „dasnez“

Portrait Herr Teschner
(Peter Teschner)

(Ein Interview mit Peter Teschner)

Gerade in der aktuellen Zeit spielen digitale Werkzeuge auch in unserem Arbeitsbereich eine wichtige Rolle. Wir haben mit Herrn Teschner über die Plattform „dasnez“ gesprochen, die Ehrenamtliche und Hilfesuchende vermittelt und verbindet – quasi als digitale Schnittstelle.

 

Der Bedarf an solchen digitalen Werkzeugen ist sehr groß. Die Stadt Delbrück hat sich dies zum Anlass genommen, um die Taschengeldbörse „dasnez“ weiterzuentwickeln. Nun wird nicht mehr nur zwischen Jung und Alt vermittelt, sondern zwischen allen Menschen und Organisationen, die Hilfe erbringen wollen und Unterstützung suchen.

Die digitale Plattform „dasnez“ wird auch anderen Kommunen und Organisationen zur Verfügung gestellt.

Das Telefoninterview, durchgeführt von C. Freymuth, ermöglicht einen ersten Einblick in die Funktionen der Plattform und welche Möglichkeiten es für Interessierte gibt, „dasnez“ einfach und schnell für eigene Zwecke zu nutzen.

SAVE THE DATE: Um Interessierten die Möglichkeit zu geben, sich weiter über „dasnez“ zu informieren, bietet das Forum Seniorenarbeit NRW gemeinsam mit der Stadt Delbrück als Lizenzgeber ein Web-Seminar an. Als Experte wird Peter Teschner das Web-Seminar inhaltlich leiten.

Das Web-Seminar findet am Montag, den 25. Mai 2020, um 10.00 Uhr statt.

Jetzt anmelden!

Kernaussagen:

  • Aktuell machen äußere Einflüsse und Umstände ein anderes Handeln notwendig.
  • Zurzeit sind Menschen von der einfachen und analogen Kommunikation abgeschnitten.
  • Nun ist die Frage, wie Menschen in dieser Zeit ihr Leben gestalten wollen.
  • Der äußere Impuls „Pandemie“ hatte eine Weiterentwicklung des digitalen Werkzeugs zur Folge.
  • Es besteht ein großer Vermittlungsbedarf zwischen Hilfsangeboten und -Gesuche.
  • Kommunen, Organisationen, Sportvereine – alle Akteure vor Ort können die Plattform für Angebote und Gesuche nutzen.
  • Ehrenamt und Hauptamt funktionieren einzeln nicht, wir haben eine gute Verbindung von beidem.
  • Es sind keine Programmierkenntnisse oder irgendwas in die Richtung notwendig!
  • Wer bereit ist innovativ zu denken, etwas mutig zu sein und seine Fantasie einzusetzen, wird am Ende auch belohnt.
  • Digitale Werkzeuge stellen eine Chance dar – auch diese Plattform, insbesondere auch in Bezug auf Nachhaltigkeit durch Ressourcenteilung.

Das Interview

„Hallo Herr Teschner. Vielen Dank, dass Sie sich kurzfristig die Zeit genommen haben, dieses Interview mit uns durchzuführen. Warum liegt uns dieses Interview so am Herzen? Weil wir denken, dass in dieser Situation – der Corona-Krise – digitale Unterstützungsmöglichkeiten für Engagement und Hilfen vor Ort, von sehr großer Bedeutung sind. So auch ihr Angebot „dasnez“.“

Ja vielen Dank für Ihr Interesse an „dasnez“. Aktuell ist da wirklich viel Bewegung drin.

„Umso schöner ist es, dass Sie für dieses Interview Zeit gefunden haben. Dann wollen wir mal loslegen.
In der aktuellen Situation wird viel über Digitalisierung gesprochen. Auch in unserem Arbeitsbereich wird vermehrt nach digitalen Werkzeugen gesucht, die Kommunikation, Information und Vernetzung trotz Kontakteinschränkung ermöglichen. Was ist Ihre Meinung dazu? Welche Chancen sehen Sie für unser Arbeitsfeld?“

Ja, ich nehme die aktuelle Situation ähnlich wahr, wie Sie das machen. Aktuell erzwingen äußere Einflüsse und Umstände ein anderes Handeln bzw. machen dies notwendig. Wer vor der Corona-Krise Lust auf ein kurzes Gespräch hatte, konnte zum Nachbarn gehen und sich austauschen. Das hat sich geändert. Zurzeit sind Menschen von dieser einfachen analogen Kommunikation abgeschnitten. Menschen, auch die, die vorher nicht besonders an der Digitalisierung und digitalen Möglichkeiten interessiert waren, sind zum Umdenken gezwungen. So wie es aussieht bzw. wie die letzten Wochen gezeigt haben, ist dies ein Zustand der wahrscheinlich noch eine Weile andauern wird.

Nun ist die Frage, wie Menschen in dieser Zeit ihr Leben gestalten wollen. Und hier spielen digitale Lösungen, die zum Beispiel die Kommunikation betreffen, eine große Rolle. Ich gehe davon aus, dass auch in unserem Arbeitsfeld – gezwungenermaßen – eine Digitalisierung stattfinden wird. Hier sehe ich die Digitalisierung als große Chance, weiterhin kommunizieren und informieren zu können. Auch wenn hier einige Herausforderungen mit einhergehen.

„Auch Sie bieten ein solches digitales Werkzeug an, nämlich die digitale Taschengeldbörse „dasnez“. Können Sie vielleicht einmal in wenigen Sätzen den Kontext benennen, in dem „dasnez“ eingesetzt wird und auch, warum Sie überhaupt ein solches digitales Werkzeug nutzen wollten?“

„Das Prinzip der Taschengeldbörse wird bereits seit einigen Jahren in unterschiedlicher Form in verschiedenen Kommunen praktiziert – als eine Form des sozialen Miteinanders. Auch die Stadt Delbrück wollte einen Schritt in diese Richtung machen. Hauptaugenmerk lag darauf, Jung und Alt miteinander in Kontakt zu bringen und somit ein intergeneratives Projekt zu initiieren. Es sollte eine digitale Schnittstelle für die Kommunikation zwischen den verschiedenen Generationen geschaffen werden.

Klar war, dass natürlich auch Herausforderungen für Nutzer*innen bestehen: Die Jüngeren haben möglicherweise Hemmungen mit den älteren Menschen in Kontakt zu treten und die ältere Generation sieht die Herausforderung im Digitalen. Es gab die Möglichkeit, Fördergelder zu erhalten. Hier war es der Stadt Delbrück und dem Seniorenbeirat wichtig, Steuergelder für ein nachhaltiges Projekt zu nutzen, von dem im Idealfall auch noch andere Kommunen profitieren können. Aus diesem Grund fiel die Entscheidung, ein digitales Werkzeug aufzubauen bzw. zu entwickeln. Als klar war, dass die Fördergelder fließen werden, setzten wir uns mit einem jungen Start-Up im Kontext der Uni Paderborn zusammen. „Dasnez“ wurde geboren.“

„Das war quasi die Geburtsstunde der Taschengeldbörse. Welche Ausweitungen wurden im Kontext der Corona-Krise vorgenommen?“

„Der äußere Impuls „Pandemie“ hatte eine Weiterentwicklung des digitalen Werkzeugs zur Folge. Die Überlegungen waren, dass nicht mehr nur eine Taschengeldbörse betrieben werden sollte. Aus der Vergangenheit gab es bereits Impulse zur Weiterentwicklung, die gerade in der jetzigen Situation einen großen Mehrwert versprechen. „Dasnez“, als Chance Menschen in einem geschützten Raum zusammenzubringen, sollte ausgeweitet werden.

Gerade aktuell wird ganz deutlich, dass ein großer Vermittlungsbedarf zwischen Hilfsangeboten und -Gesuche besteht. Hier sollte das Rad nicht neu erfunden werden, sondern wir wollten auf etwas aufsetzen, was bereits da war: „dasnez“. Was bedeutet das für unsere Taschengeldbörse? Es sollte nicht mehr nur die Vermittlung von jüngeren Menschen und Älteren ermöglicht werden, sondern von allen engagierten Personen und Zeitspender*innen. Dasnez wurde so weiterentwickelt, dass es in 360 Grad genutzt werden kann. Organisationen, Sportvereine, alle Akteure vor Ort können die Plattform für Angebote und Gesuche nutzen.“

„Kann ich Sie als eine Art „Kümmerer“ innerhalb der Stadt Delbrück bezeichnen?“

„Ja, so könnte man das auch formulieren (lacht). Ich kann hier in meinem Beispiel nur sagen, dass es ein gutes Zusammenspiel zwischen Haupt- und Ehrenamt ist. Wir haben miteinander gearbeitet, das eine kann es ohne das andere nicht geben. Ehrenamt und Hauptamt funktionieren einzeln nicht, wir haben eine gute Verbindung von beidem.

Ich habe den ersten Impuls zur Weiterentwicklung geliefert und die Stadt Delbrück war sofort bereit, dies umzusetzen und sich einzubringen. Die Kommune hat finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, um die Ideen der Weiterentwicklung umzusetzen. Für die Umsetzung wurden wieder Profis ins Boot geholt. Es war insgesamt ein gutes und gemeinschaftliches Arbeiten.

„Wir sprechen die ganze Zeit von „Weiterentwicklungen“ der Plattform – welche sind das konkret?“

„Zusammengefasst – kurz und knapp – gibt es drei Neuerungen:

1. Es gibt eine individuell einstellbare Infobox. Die wird aktuell beispielsweise für Corona-Infos genutzt. Hier können wichtige Informationen wie auch Links und Telefonnummern eingefügt werden, die dann für alle Nutzer*innen prominent sichtbar sind.

2. Dritte können Angebote und Gesuche für andere Personen einstellen. Ich kann für meine Mutter, die in Delbrück wohnt, aber nichts mit der Digitalisierung zutun hat, ein Gesuch einstellen. Das kann ich von überall aus machen, auch wenn ich nicht in Delbrück lebe. Hier wird versucht, die „analogen“ Personen und deren Bedarfe mit aufzunehmen.

3. Eine Kommune kann in kleinräumige Einheiten, zum Beispiel Stadtteile, eingeteilt werden. Es kann gesagt werden, dass ein Hilfsangebot nur für bestimmte Ortsteile gilt.“

„Ich finde gerade die Erweiterung, dass auch Dritte für eher analoge Menschen Gesuche in der Plattform veröffentlichen können, ganz spannend. So können auf der Plattform die Bedarfe auch nicht digitaler Menschen ihren Platz finden und diese können davon profitieren.

Auch die Einteilung in kleinere Einheiten ist spannend. Es gibt hier bereits einige bekannte Plattformen, die das ebenfalls ermöglichen. Was ist der Vorteil bzw. Mehrwert von „dasnez“. Wieso sollte eine Kommune oder eine Organisation sich für „dasnez“ entscheiden?“

Ja, es gibt bereits eine Vielzahl an digitalen Plattformen. Aktuell werden es eher mehr als weniger. Es gibt aber auch gute Gründe, die dafür sprechen, „dasnez“ zu nutzen.

Ein wichtiger Aspekt ist, dass die Plattform für Bürger*innen zu 100 Prozent kostenlos und werbefrei ist. Auch aus Sicht der Kommune sind die Kosten überschaubar. Es fallen lediglich Hostingkosten von aktuell etwa 600 Euro im Jahr an. Hostingkosten kann man sich wie die Kosten für eine Garage, in der man das eigene Auto abstellen will, vorstellen. Anders als bei anderen Plattformen, fallen keine Kosten pro Bürger*in an. Auf der anderen Seite steht kein Unternehmen, was Geld verdienen möchte. Das Geld für das Hosting geht an die Profis, die dafür sorgen, dass wir Kommunen die Plattform problemlos und ohne viel Aufwand nutzen können. Umso mehr Kommunen dasnez nutzen, umso geringer fallen die Hostingkosten für den einzelnen aus. Was uns auch ganz wichtig ist, ist das Thema Sicherheit. Hier werden definitiv keine Daten ungewollt weitergegeben oder so.

Jetzt haben Sie meine nächste Frage quasi schon beantwortet. Andere Kommunen bzw. Organisationen können die digitale Plattform nutzen. Möchten Sie dazu noch einige Sätze verlieren? Vielleicht auch, wie kurzfristig dies möglich ist? Das ist wahrscheinlich gerade sehr wichtig.

„Wie schon gesagt. Die Zielsetzung war und ist die Skalierbarkeit. Das heißt, dass auch andere Akteure die Plattform nutzen können. Die Plattform kann nicht nur von Kommunen, sondern auch bestimmten Gruppierungen oder Organisationen genutzt werden.

Und zur Frage, wie kurzfristig die Nutzung möglich ist: 5 Minuten! Rein theoretisch kann ich während unseres Interviews die entsprechende Einrichtung vornehmen. Das ist gar kein Problem und ermöglicht gerade in der jetzigen Zeit ein schnelles Handeln.“

„Wow, das geht ja wirklich schnell. Wenn ich jetzt Kommune xy bin – wie wäre der Ablauf und welche Voraussetzungen sind notwendig?“

„Also, wenn Sie beispielsweise als kommunale Vertreterin „dasnez“ in Ihrer Kommunen implementieren wollen, nehmen Sie mit mir Kontakt auf. Aktuell würden wir dann telefonieren, ich würde Ihnen Infomaterial bereitstellen und gerne Ihre Fragen zur Plattform beantworten. Wenn es denn wieder möglich sein wird den direkten analogen Kontakt aufzunehmen, schaue ich auch gerne in anderen Kommunen oder Organisationen vorbei und stelle „dasnez“ vor.

Die Kosten habe ich eben bereits benannt.

Wichtig ist, dass Sie mir eine Ansprechperson benennen, die quasi die Organisationen der Struktur übernimmt – der Administrator. Das können auch zwei Personen sein. Schön ist es auch, wenn man hauptamtliche und ehrenamtliche Personen gleichermaßen für dieses Vorhaben gewinnt. Eins ist ganz wichtig und zu betonen: Ein sicherer Umgang mit dem Internet und vergangene Berührungspunkte mit digitalen Werkzeugen sind von Vorteil, es sind aber keine Programmierkenntnisse oder irgendwas in die Richtung notwendig! Das möchte ich hier noch einmal betonen!

Es ist auch möglich, die Plattform vorab einmal zu testen bzw. sich die einzelnen Funktionen anzuschauen. Hierzu wird einfach eine sogenannte „Test-Kommune“ genutzt. Wer daran Interesse hat und sich „dasnez“ mal anschauen möchte, kann sich gerne bei mir melden!“

„Ich höre raus, dass Sie als Ansprechperson bei Fragen auch gerne kontaktiert werden können. So, nun kommen wir auch schon zur letzten Frage. Ganz allgemein: Was können Sie Kommunen und Organisationen in dieser Zeit raten, die nun gerne selbst ein digitales Werkzeug – vielleicht auch Ihre Plattform – nutzen würden. Wie kann an das Thema herangegangen werden?“

„Eine gute Frage, die ich mir noch gar nicht gestellt habe. Ich denke – gerade in der aktuellen Situation – ist es wichtig, sich dazu zu entscheiden Prioritäten zu setzen. Nutze ich niedrigschwellige digitale Hilfsmittel, um Menschen miteinander zu verknüpfen, oder setze ich auf Mitarbeitende, die den Hörer in die Hand nehmen und Anrufe entgegennehmen? Klar ist, dass die Mitarbeitenden gerade an allen Stellen benötigt und so begrenzte Ressourcen an einer Stelle aufgebraucht werden, die anderswo besser eingesetzt sind.

Eins ist klar: Die Anforderung, insbesondere an die Kommune, den Bedarfen gerecht zu werden, ist da. Warum sollten wir also nicht die (digitalen) Werkzeuge nutzen, die uns zur Verfügung stehen? Wir reisen ja auch nicht mehr mit der Kutsche von a nach b.

Wer bereit ist innovativ zu denken, etwas mutig zu sein und seine Fantasie einzusetzen, wird am Ende auch belohnt. Es muss eine bestimmte Schwelle überschritten werden, aber dann funktioniert es auch. Digitale Werkzeuge stellen eine Chance dar – auch diese Plattform, insbesondere auch in Bezug auf Nachhaltigkeit.“

„Lieber Herr Teschner, vielen Dank – insbesondere für Ihre ermutigende Worte. Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben. Kommen Sie gut durch die Zeit und bleiben Sie gesund.“

„Auch ich habe zu danken. Alles Gute für Sie!“

Peter Teschner

Peter Teschner war bereits in vielen Positionen und Bereichen ehrenamtlich tätig. Er besitzt technische und digitale Kenntnisse, die er insbesondere in die Entwicklung des Projekts „dasnez“ eingebracht hat.

Ehrenamtliche Tätigkeiten

  • Senior Experte 
    • SES / Stiftung der Deutschen Wirtschaft / Bonn
    • Projekt VerA „Stark durch Ausbildung“
    • IHK Lippe zu Detmold
  • Vorstandsmitglied / Leader-Region „Lippe-Möhnesee“
  • Sprecher Seniorenbeirat Stadt Delbrück
  • Mitglied „Alten- und Pflegekonferenz“ / Kreis Paderborn
  • Mitglied AG Altersarmut / Kreis Paderborn
  • Mitglied im Projekt Quartiersakademie NRW / MBWSV
  • Beirat im Modellprojekt NRW „Bürger vernetzen Nachbarschaften“ / MBWSV

Erfahrungen

In seinen hauptberuflichen und ehrenamtlichen Tätigkeiten konnte Peter Teschner vielseitige Erfahrungen sammeln. Dazu gehören:

  • Aufbau von Qualitätsmanagement-Systemen
  • Einführung von Projektmanagement
  • Coaching und Moderation
  • Begleitung von Veränderungsprojekten
    • Zukunftskonferenzen
    • Dorfentwicklung
    • Aufbau von Netzwerken
    • Strategieentwicklung
  • Prozessoptimierung in Produktion und Verwaltung
  • Existenzgründungsberatung
  • Stärken- / Schwächeanalysen

Weiterführende Links

Website dasnez

Eintrag in die Projektdatenbank „dasnez“

Präsentation „dasnez“ im Rahmen der Frühjahrsakademie 2019 (ohne Weiterentwicklung)

Letzte Aktualisierung: 28. Juli 2020

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