Am 9. April 2019 trafen sich in Münster etwa 20 ehrenamtlich und hauptamtlich Interessierte zum Thema Organisationsprofile auf nebenan.de in Münster. Unter den Teilnehmenden befanden sich viele Quartiersentwicklerinnen und Quartiersentwickler. Die Veranstaltung wurde von Patrick Ney geleitet. Er ist Projektmanager für Digitalisierung in der Landeshauptstadt Hannover im Fachbereich Senioren und beschäftigt sich neben technischen Assistenzsystemen mit digitaler Bildung und Digital Services. Ziel ist es, die Entwicklungen und Chancen digitaler Transformation für den sozialen Sektor nutzbar zu machen.
Die Stadt Hannover hat nebenan.de aus Sicht einer Kommune bei der Weiterentwicklung der Plattform unterstützt, sodass Patrick Ney im Rahmen dieser Veranstaltung die gesammelten Erfahrungen einbrachte. Der Kontakt zwischen der Stadt Hannover und der Nachbarschaftsplattform nebenan.de ist im Rahmen der Quartiersentwicklung und dem Wunsch nach einer digitalen Nachbarschaft entstanden. Aufgrund der im Vergleich zu anderen Plattformen relativ großen Nutzendenzahl, ist die Entscheidung nach einem längeren Auswahl- und Entscheidungsprozess auf nebenan.de gefallen.
Zu Beginn wurden die Teilnehmenden der Veranstaltung gefragt, ob bereits Erfahrungen als Privatperson oder Organisation auf nebenan.de gesammelt wurden. Einige Teilnehmende haben sich in der Vergangenheit bereits als Privatperson auf nebenan.de angemeldet und wollen die Nachbarschaftsplattform zukünftig – insbesondere für die Quartiersarbeit – innerhalb der Organisation nutzen. In diesem Zusammenhang steht die Frage, welche Grenzen und welche Möglichkeiten die Plattform für Organisationen überhaupt bietet. Als Kritikpunkt der Personen, die nebenan.de bereits privat nutzen, wird angeführt, dass sie die Plattform vor allem als Verkaufs- bzw. Tauschplattform wahrnehmen.
Die Präsentation des Referenten war in zwei Teile gegliedert. Zum einen wurde das private Nutzendenprofil auf nebenan.de dargestellt, in einem weiteren Schritt die Möglichkeiten des Organisationsprofils.
Warum digitale Nachbarschaften?
Patrick Ney stellte in einem ersten Schritt Ergebnisse der Studie vernetzte Nachbarn vor. Generell besteht ein großes Interesse daran, Kontakt zu Nachbarn zu knüpfen. Dies steht im Gegensatz zu den meist in Städten vorliegen Anonymität und Isolation der dort lebenden Personen. Digitale Nachbarschaften bzw. Nachbarschaftsplattformen können hier als Unterstützung von realen Begegnungen und Kontaktmöglichkeiten gesehen werden und diese ergänzen. Hier ist anzumerken, dass digitale Werkzeuge nicht als Allheilmittel zu sehen sind und digitale Räume dazu beitragen, wenn möglich reale Kontakte zu stiften und Begegnungsräume zu schaffen. Digitale Nachbarschaftsplattformen bieten besonders für eher immobile Menschen die Möglichkeit, sozial teilzuhaben und besitzen ein Inklusionspotenzial. Gleichzeitig können aber auch Exklusionsmechanismen wirken, wenn die Barrieren, sich digital zu beteiligen, zu groß sind und keine Zugänge ermöglicht werden. Das Exklusionsrisiko kann reduziert werden, wenn gemischte Netzwerke, die aus mehr als einem Kommunikationskanal bestehen, mit dem Ziel möglichst viele Menschen anzusprechen, genutzt werden.
Das Besondere an nebenan.de
Das besondere an diesen Nachbarschaftsplattformen ist, dass sie im Gegensatz zu anderen sozialen Medien auf die lokale Ebene abzielen und räumlich begrenzte Kommunikationsräume abbilden. Gerade für Organisationen ist die Fokussierung auf eine kleine lokale Ebene besonders interessant, da so die Möglichkeit besteht, regional im Wirkungskreis sichtbar zu werden. Ein weiterer großer Vorteil liegt darin, dass selbst keine aufwendige Marketingstrategie entwickelt und mit Ressourcen bestückt werden muss, sondern diese Arbeit vom Plattformnabieter übernommen wird. Organisationen und Privatpersonen haben zusätzlich die Möglichkeit, Flyer bzw. Einladungen von nebenan.de zu erhalten, die analog verteilt werden können, um Interessierte zu gewinnen. Der Inhalt, der von Organisationen oder Privatpersonen auf der Plattform veröffentlicht wird, ist nur für die Nutzenden von nebenan.de sichtbar. Außenstehende sowie Suchmaschinen erhalten keinen Zugriff darauf. nebenan.de ist die größte gewerbliche Nachbarschaftsplattform in Deutschland, was je nach Regionen eine große Reichweite für Organisationen bedeuten kann. Sind Kommunikation bzw. die Kontaktaufnahme mit Bürger*innen Ziel einer Organisation, kann die Plattform nebenan.de also ein großes Potenzial für diese darstellen. Wenn die lokale Ebene einer Organisation bzw. Privatperson noch keine Nachbarschaft aufweisen, besteht die Möglichkeit, als eine Art Pionier eine neue Nachbarschaft zu gründen. Die räumliche Grenzziehung der bestehenden Nachbarschaften wurden von solchen Pionieren festgelegt.
Eine häufig gestellte Frage ist u.a., wie nebenan.de sich finanziert. nebenan.de finanziert sich mittels Eigenmittel und Investitionen durch Investoren. Weiter wird entsprechend der Nachbarschaft lokale Werbung auf nebenan.de eingebettet. Die Werbemöglichkeit besteht für lokale Einzelhändler und unterliegt einer bestimmten Verhältnismäßigkeit, sodass deutlich weniger Werbeeinblendungen zu sehen sind, als dies bei anderen bekannten sozialen Medien der Fall ist. Zwei weitere Finanzierungsquellen sind das Förder-Modell und das Partnerschaftsmodell. Das Förder-Modell meint, dass alle Nutzenden von nebenan.de freiwillig einen frei gewählten Betrag spenden können. Im Gegensatz zum Förderer-Modell ist die Nutzung von nebenan.de im Rahmen des Partnerschaftsmodell für bestimmte Organisationen kostenpflichtig, für andere kostenfrei. Dies ist mit nebenan.de individuell abzuklären. Das Partnerschaftsmodell ermöglicht die Nutzung zusätzlicher Werkzeuge, wie beispielsweise eine individuelle Auswahl der Nachbarschaften, die zum Wirkungskreis zählen. Als Organisation kann ich jedoch nicht sehen, was Privatpersonen auf nebenan.de veröffentlichen. Es besteht aber die Möglichkeit, dass Privatpersonen direkt mit der Organisation Kontakt aufnehmen und diese anschreiben. In diesem Kontext sollte ebenfalls angemerkt werden, dass nebenan.de keine personenbezogenen Daten seiner Nutzenden an Dritte weitergibt bzw. verkauft. Google Analytics wird genutzt, jedoch werden die Daten anonymisiert und die IP-Adresse wird nicht bezogen.
Wie bei allen digitalen Werkzeugen liegt auch der Nachbarschaftsplattform folgende Grundproblematik zugrunde: Ist eine ältere Person digitalen Werkzeugen wie Smartphones und Tablets nicht aufgeschlossen gegenüber und kann keinen Mehrwert in der Nutzung der Plattform sehen, besteht kein Interesse, diese zu nutzen bzw. sich damit auseinanderzusetzen.
Zu beachten
Wird die Entscheidung getroffen, sich als Organisation auf nebenan.de zu registrieren, sollte dies mit einer gewissen Ernsthaftigkeit betrieben werden. Das bedeutet beispielsweise, dass dauerhaft eine Ansprechpartnerin bzw. ein Ansprechpartner für Privatnutzer-Anfragen zur Verfügung stehen sollte. Es sollten vorab Regeln festgelegt werden, wie regelmäßig die Plattform bespielt wird und wie mit Anfragen umgegangen werden soll.
Als Fazit stand, nebenan.de kann eine Möglichkeit darstellen, neue interessierte Personen zu gewinnen und neue Zielgruppen anzusprechen bzw. sich mit weiteren Organisationen zu vernetzen. Es stellt einen weiteren Kommunikationskanal zur Verfügung, der aber andere nicht ersetzt sondern ergänzt.
Weitere Information zu Organisationen auf nebenan.de
Informationen zum Forschungsprojekt Vernetzte Nachbarn vom vhw
Die Teilnehmenden der Veranstaltung haben die Möglichkeit mit den Mitarbeitenden des Forums Seniorenarbeit NRW in einem Online-Raum weiter zum Thema zu arbeiten.
Letzte Aktualisierung: 12. April 2019