In Hamm trafen sich auf Einladung der Landesseniorenvertretung NRW die Mitglieder der politischen ehrenamtlichen Seniorenorganisationen (LAGSO), um sich in der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) über das Thema „Sucht im Alter“ zu informieren. Gabriele Bartsch, die stellvertretende Geschäftsführerin, zeigte die Dimension dieses oft verschwiegenen und wenig beachteten Themas auf. Der Missbrauch von Suchtmitteln ist im Alter keine Seltenheit, obwohl es darüber vergleichsweise wenige Daten gibt. Während bei jüngeren Menschen meist recht schnell mit Therapieangeboten reagiert wird, gilt dies für alte Menschen weitaus weniger.
„Sucht im Alter“ wird erst langsam systematisch erforscht. Bekannt ist, dass derzeit ca. drei Mio. ältere Menschen über 65 Jahre alkoholgefährdet sind, 400.000 gelten als abhängig. Auffällig ist, dass gerade Frauen aus der oberen Bevölkerungsschicht häufig zum Alkohol greifen. 2,1 Mio. Ältere rauchen und 1,5 Mio. nehmen Beruhigungsmittel wie z.B. Valium. Dabei werden die Fremdstoffe im Körper eines alten Menschen nicht mehr so schnell abgebaut und verringern so die Lebenserwartung um bis zu zehn Jahre. Besonders anfällig sind von Armut betroffene alte Menschen.
Die Suchtgefährdungen sind auch für alte Menschen vielfältig. Einsam und ohne Aufgaben, fällt es manchem schwer, den scheinbar hilfreichen Suchtmitteln zu widerstehen. Altersdepressionen sind verbreitet. Immer wieder kommt es auch vor, dass Ärzte etwas verschreiben, ohne sich persönlich davon zu überzeugen, ob bestimmte Medikamente in der verordneten Größenordnung überhaupt notwendig sind.
Verschiedene Faktoren erschweren den Zugang zu Menschen, die im Alter eine Suchterkrankung aufweisen. So ist die Scham – gerade im Alter – groß, mit „Sucht“ identifiziert zu werden. Hinzu kommt, dass es eine verbreitete Haltung bei älteren suchtkranken Menschen gibt, die auf die Hinnahme dieser Erkrankung wirkt. Nach dem Motto: „Es lohnt sich gar nicht mehr …“
Sucht im Alter hat viele Gesichter: Medikamentenmissbrauch, Alkoholmissbrauch, Rauchen, aber auch Spielsucht gehören dazu.
Erkannt werden suchtkranke ältere Menschen nicht immer. In den Seniorenzentren beispielsweise werden die anerkannten Suchtkrankheiten wenig beachtet und behandelt. Zudem vermischen sich häufig verschiedene Suchtarten, so dass Ältere oft doppelt bis mehrfach betroffen sind. Dies liegt sicher auch daran, dass das geschulte Personal in den Einrichtungen vielfach stark überlastet ist. Deshalb passiert es immer wieder, dass auch von Sucht betroffene Menschen einfach ruhiggestellt werden. Bekannt ist, dass über 19 Prozent der Männer, die in stationäre Pflegeeinrichtungen gehen, mit Alkoholproblemen kommen.
Die Mitglieder der LAGSO werden das Thema in ihren Seniorenorganisationen aufgreifen und nicht nur auf Gefährdungen hinweisen, sondern betroffenen Menschen Hilfe anbieten – allerdings auch Forderungen an die Politik stellen. LSV-Vorstandsmitglied Jürgen Jentsch sagt dazu: „Nicht der erhobene Zeigefinger, sondern Angebote mit Chancen, in Gemeinschaft aktiv zu sein, sind wichtig. Fachliche Beratung und Betreuung mit dem Fokus Alter gehören dazu. So können betroffene Menschen aus dieser Grauzone des Lebens herausfinden. Mut gehört in jedem Fall dazu und es lohnt sich immer, unabhängig von Suchtmitteln zu leben!“
Homepage der Landesseniorenvertretung NRW
(Quelle: Pressemitteilung vom 8.12.2015)
Letzte Aktualisierung: 9. Dezember 2015