Die Landesseniorenvertretung NRW hatte die Mitglieder der Landesarbeitsgemeinschaft der ehrenamtlichen politischen Seniorenorganisationen (LAGSO) in die Katholische Hochschule nach Köln eingeladen, um gemeinsam mit Prof. Dr. Werner Schönig das Thema Altersarmut von der wissenschaftlichen Seite zu betrachten.
Dabei wurde zum einen deutlich, dass Altersarmut kein sogenanntes „Winnerthema“ ist. Das bedeutet, zu diesem Thema findet man bislang vergleichsweise wenige wissenschaftliche Forschungen und Veröffentlichungen. Dies gilt aus Sicht Schönigs auch für die Altersforschung. Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2013 beispielsweise stößt bislang auf wenig Interesse und geringe wissenschaftliche Auseinandersetzung und Resonanz. Die Wissenschaft bleibt bei diesem Thema vorzugweise stumm, denn schließlich, so Schönigs Erklärung, gäbe es ja die Grundsicherung. Vor allem melden sich neben wenigen engagierten Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen Wohlfahrtsverbände wie unlängst der Paritätische und Betroffene zu Wort.
Sicher ist es so, dass Armut immer eine individuelle Geschichte, gesellschaftliche und vielfältige Ursachen hat. Um Armut zu erfassen, werden unterschiedliche Armutsbegriffe verwandt und unterschiedliche Berechnungen erstellt. Dies führt zu unterschiedlichen Einschätzungen über das Ausmaß von Altersarmut. Die Landesseniorenvertretung NRW hat sich dazu in einer Empfehlung positioniert. Wirklichkeitsnah betrachtet existiert Altersarmut schon heute und wird – wenn die Politik vor allem auf Bundesebene nicht reagiert und Weichen neu stellt – absehbar ein großes, umfängliches Problem.
Aktuell offenbart sich beim Thema Altersarmut eine Verdrängung, vergleichbar mit der Art, wie es beim Thema „Klimawandel“ geschieht: „Heute geht es doch – fast – allen Alten gut, was morgen kommt, interessiert uns nicht“. Hinzu kommt, dass die bereits vorhandene Altersarmut im öffentlichen Raum für viele noch nicht erkennbar ist. Da sieht es in anderen Ländern ganz anders aus, beispielsweise in Griechenland oder in osteuropäischen Staaten, wo viele ältere Menschen quasi auf der Straße leben.
Die LAGSO-Mitglieder fordern mehr Forschung zum Thema Altersarmut und die Anerkennung, dass dieses Problems schon heute viele Menschen betrifft. Es geht um Lösungen für die Zukunft, nicht um Verdrängung! Auch die Kinder, die heute in beschämend hohem Maße von Armut betroffen sind, stehen in höchster Gefahr, die armen alten Menschen von morgen zu werden. Vielleicht mangelt es auch manchem wirtschaftlich gut ausgestattetem politisch Verantwortlichen an Vorstellungskraft, was Armut gerade auch im Alter bedeutet. Armutsbekämpfung sollte Chef*innensache auf höchster Ebene werden, damit unsere Gesellschaft die Chance auf Solidarität behält und radikalen Kräften einer ihrer wesentlichen Nährböden entzogen wird.
Die LAGSO NRW besteht aus den Mitgliedern der Seniorenorganisationen der Parteien, des DGB, des Beamtenbundes und der Einzelgewerkschaften unter dem Dach der LSV NRW.
Letzte Aktualisierung: 14. April 2016