Neugierde wecken, Brücken bauen

WS 10 der Herbstakademie2015

Ankündigung

Wir leben im gleichen Viertel und haben doch wenig miteinander zu tun. Lesben und Schwule finden ihre Heimat meistens in der eigenen Community – und die ist selten in unmittelbarer Nachbarschaft. Welche Möglichkeiten können wir nutzen, damit sich Menschen mit unterschiedlichen Lebensformen kennenlernen und gemeinschaftlich etwas unternehmen? Wie können wir Vielfalt im Quartier gestalten und Brücken bauen zwischen den verschiedenen Milieus und Lebensstilen?

Diskussion

Das Video lesbisch.schwul.älter, eine Produktion der Landesfachberatung, war ein guter Einstieg in die Diskussionsrunde. Vor allem die klaren Aussagen zu den Bedürfnissen von älteren Lesben und Schwulen und zu biografische Besonderheiten wie z.B. Verurteilungen aufgrund des & 175 STGB sensibilisierten die Workshop-Teilnehmenden für die lesbisch-schwule Perspektive auf das Älterwerden.

Bei der Selbstvorstellung kristallisierte sich heraus, dass es den meisten darum ging, Anregungen zu erhalten zu einem Thema, dass zumindest in den kleineren Städten längst noch nicht selbstverständlich ist: Homosexualität als eine von vielen möglichen Lebensformen sei in manchen Bereichen nach wie vor tabuisiert. Zwei Teilnehmerinnen wiesen darauf hin, dass es in der heutigen aufgeklärten Zeit selbstverständlich sei, alle Menschen zu integrieren. Eigene Angebote für spezifische Zielgruppen würden der Offenheit einer modernen Gesellschaft entgegen stehen.

Die Mitarbeiterin des Generationennetzes Gelsenkirchen erläuterte am Beispiel einer türkischen ZWAR Gruppe die positive Wirkung einer Bezugsgruppe, deren Mitglieder ein zentrales Merkmal miteinander verbindet – sei es ethnische Herkunft oder gleichgeschlechtliche Lebensform. Die Gruppenbildung über identitätsbezogene Merkmale sei nicht als Abgrenzung zu verstehen, sondern als Empowerment und Möglichkeit der Selbstvergewisserung. Jeder Mensch brauche ein Wiedererkennen im sozialen Umfeld – auch das sei ein Stück Heimat.

Wie bringt man lesbische oder schwule Themen in Alters- oder Stadtteileinrichtungen? Letztlich kann nur die Zielgruppe selbst diese Themen einfordern. Dafür brauche es allerdings Impulse. Themenabende oder Erzähl-Cafes z.B. zur Geschichte des & 175; Porträts älterer lesbisch oder schwul lebender Menschen im örtlichen Seniorenmagazin oder auch Filmvorführungen können Türöffner sein. Wichtig sei es, Kooperationspartner_innen zu gewinnen, z.B. Gleichstellungsstellen, örtliche Aidshilfen oder politische Vertretungen, die sich an einer gemeinsamen Veranstaltung beteiligen und damit die Signalwirkung verstärken.

Es gelte aber auch, Grenzen erkennen: Eine deutlich ältere Generation von Lesben und Schwulen wird es möglicherweise auch bei neuen und „gut gemeinten“ Angeboten bevorzugen, ihre Identität für sich zu behalten und nur im vertrauten Freundeskreis „out“ zu leben. Vielfalt leben im Alter, neugierig sein auf die anderen und „fremde“ Lebensformen respektieren: Das ist, so das Workshop-Fazit, ein lohnendes Ziel, für das alle Beteiligten Geduld und immer wieder neue Anregungen brauchen.

Die Landesfachberatung stellt ihr Knowhow dafür gerne zur Verfügung.

Aktuelle Informationen und weiterführende Literatur unter www.immerdabei.net

Kontakt:
Carolina Brauckmann und Georg Roth
Fachberatung für gleichgeschlechtliche Lebensweisen in der Seniorenarbeit c/o rubicon e.V., Köln
carolina.brauckmann@rubicon-koeln.de
Tel.: 0221-2766999-43

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