Digitalisierung in der Landesseniorenvertretung NRW – Auseinandersetzung, Anpassung und digitale Blitzrunden

Nach dem Nutzen fragen und Menschen bei der Digitalisierung mitnehmen!

Wer hätte gedacht, dass der 8. Altersbericht „Ältere Menschen und Digitalisierung“ der nun scheidenden Bundesregierung solch faktische Bedeutung erlangen würde?  Ältere Menschen als eine wichtige Zielgruppe einer Digitalisierungsstrategie zu definieren und anzuerkennen, wurde von einer Entwicklung beschleunigt, die kaum jemand in Politik und Gesellschaft so eingeschätzte, wie sie uns dann ereilte. Mit anderen Worten: Die Corona-Pandemie gab der Digitalisierung auch bei älteren Menschen bekanntermaßen einen großen Schub. Auch, wenn dies nicht für alle Älteren gilt.

Laternen
Lampions, zum Thema ‚alle mitnehmen‘ jeder bringt sich ein ‚leuchtet‘.

Die Unterschiedlichkeit im Alter ist selbstverständlich so heterogen wie in anderen Lebensaltern auch und die Bevölkerungsgruppe der Älteren umfasst dabei mehrere Generationen. Gleichwohl eint ältere Menschen der Gegenwart, dass sie mehrheitlich ‚analoge Kinder‘ sind. Das bedeutet, sie sind noch ohne Mobiltelefone, das Internet und Kommunikation per E-Mail sowie über die sogenannten sozialen Medien aufgewachsen. Damit sind ihnen digitalen Handwerkzeuge noch nicht gänzlich selbstverständlich, sozusagen ‚von Kindes Beinen an‘. Dies beeinflusst die Zugänge und den Umgang zu und mit digitalen Handwerkzeugen. Vereinfacht ausgedrückt, manchen fällt es leichter, manchen schwerer und Ablehnung gibt es ebenso, wenn es um die Nutzung digitaler Möglichkeiten und Werkzeuge geht.

Wie auch immer der Nutzen der Digitalisierung individuell und/oder gesellschaftlich auch von Älteren eingeschätzt wird, die Entwicklung schreitet unaufhaltsam voran.  Neue Kulturtechniken haben längst Einzug in unser aller Leben genommen. Das Analoge ist vielfach längst ins Digitale überführt und mit der Verbreitung der sogenannten Künstlichen Intelligenz wurde diese Entwicklung fortgeführt. Die nächsten Entwicklungsschritte folgen.

Damit auch ältere Menschen nicht Gefahr laufen, quasi zu ‚Analphabeten‘ der Gegenwart und Zukunft zu werden, muss sich eine Interessenvertretung Älterer dieser Entwicklung stellen. Die Landesseniorenvertretung Nordrhein-Westfalen geht dabei über Auseinandersetzungen mit diesem Thema, über Anpassungen und neue Formate ‚Schritt für Schritt‘ vor. Angemerkt sei hier, dass diese Entwicklung über Jahre aufgrund des ehrenamtlichen Engagements und einer kontinuierlichen Landesförderung für hauptamtliche Mitarbeitende in der LSV NRW möglich ist.

Konstruktive Auseinandersetzungen mit dem Thema Digitalisierung und dem digitalen Handwerkszeug finden in der Landesseniorenvertretung Nordrhein-Westfalen (LSV NRW) seit vielen Jahren statt. Schon im Jahr 2000 führte die LSV NRW eine Großveranstaltung mit dem Titel „Altenpolitik 2000“ durch, bei der die damalige Vorsitzende der Landesseniorenvertretung Hiltrud Wessling gemeinsam mit der damaligen Landesministerin für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit Birgit Fischer „online“ ging. Das frühere, landesgeförderte Projekt „Senioren Online“ war damals maßgeblich an der Veranstaltung beteiligt und auch Daniel Hoffmann war schon dabei. Mit einer Homepage und deren Weiterentwicklung, sowie dem Einsatz elektronischer Kommunikation ging die Entwicklung weiter. In den Seminarangeboten und mittels Befragungen der Mitglieder der Landesseniorenvertretungen war und ist die Digitalisierung ein fortwährendes Thema.

Zwar hat die Landesseniorenvertretung dabei immer weitere Anpassungen vorgenommen, zuletzt auch intern mit einer Satzungsanpassung die nun zusätzlich zur üblichen, Kommunikation die digitale Kommunikation erlaubt. Dennoch hat es die LSV NRW nicht versäumt, immer auch analog zu bleiben, um Menschen mitzunehmen und keine/n auszuschließen. Die Zeitung der LSV NRW die „Nun Reden Wir“ ist digital von der Homepage abrufbar und hat als Printausgabe mittlerweile ein geschätztes Alleinstellungsmerkmal.  Auch in Statements und Stellungnahmen setzt sich die LSV NRW immer wieder für diese parallele Vorgehensweise ein.

Im Herbst 2020 begann die Landesseniorenvertretung mit digitalen Seminarangeboten. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie gab es keine andere Möglichkeit, um Angebote für die Mitglieder der LSV NRW bieten zu können. Drei sogenannte „Einsteigerseminare“ wurden per Video angeboten. Der Zuspruch zu den neuen, digitalen Angeboten war überraschenderweise sehr groß. Obwohl technisch und von den Medienkompetenzen der Teilnehmenden her gesehen, nicht immer alles ‚glatt lief‘ nahmen viele Mitglieder die Angebote an. Das überraschte und motivierte zugleich die LSV NRW als Anbieterin. So wurden für das Jahr 2021 weitere Angebot geplant und die Idee der ‚digitalen Blitzrunden‘ entstand.

Seit Januar 2021 wurden in der LSV NRW digitale Blitzrunden zu vier Themen angeboten: „Impfen“, „Klima“, „Mobilität“ und „Seelische Gesundheit“.

Einbahnstraße wegtragen
Einbahnstraße wegtragen zum Thema ‚alle mitnehmen‘ digitale und analoge Angebote ‚keine Einbahnstraße bei den Angeboten‘

Blitzrunden: Dieses noch neue, digitale Format knüpft an die Regionalkonferenzen von Seniorenvertretungen in allen fünf Regierungsbezirken an die pandemiebedingt nicht stattfinden konnten. Digital werden nun, in regelmäßigen Abständen Seniorenvertretungen pro Regierungsbezirk eingeladen, um konzentriert auf eine aktuelle Fragestellung zum Austausch zu kommen. Die Ergebnisse der Runden werden jeweils zusammenfasst und allen Teilnehmenden zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus werden die Aktivitäten aus den Seniorenvertretungen an die jeweils zuständigen Ministerien kommuniziert und damit verknüpft auch Bedarfe, Anregungen und Forderungen dorthin weitergegeben. So gelingt es, mit Hilfe der digitalen Blitzrunden Kommunikation auch in der Pandemie zu gestalten, einen Austausch innerhalb der Mitglieder LSV NRW zu ermöglichen, Informationen weiterzuverbreiten, Abfragen zu organisieren. Auch wenn digitale Angebote wie die Blitzrunden in der LSV NRW keine Präsenzveranstaltungen ersetzen können, so bieten sie doch eine alternative Möglichkeit der Zusammenkunft. Dabei ist zu beobachten, dass viele Menschen daran teilnehmen und diese Möglichkeit gerade innerhalb einer Pandemie wie wir sie leider erleben geschätzt wird. Die Vorteile im Flächenland NRW keine weiten Anreisen absolvieren zu müssen werden zudem geschätzt. Mit den digitalen Blitzrunden werden auch neue Mitglieder aus den Seniorenvertretungen erreicht und es werden vergleichsweise (zu den Präsenzangeboten) mehr Menschen erreicht. Überdies bietet dieses zeitlich auf jeweils eine Stunde gerahmte, digitale Angebot mittels seiner Strukturierung in ein bis zwei Fragerunden für alle Teilnehmenden die Möglichkeit, sich aktiv zu beteiligen.

Die Grenzen für die digitalen Blitzrunden bestehen darin, dass diese Angebote funktionierende Internetverbindungen, digitale Ausstattungen und Nutzer/innenwissen voraussetzen. Hier gibt es noch einiges zu tun, um die Ziele des 8. Altersberichts in der Praxis erfüllt zu sehen. Auch ist deutlich, dass digitale Formate bislang nur für bestimmte Themen anwendbar sind. Seminare, bei denen das Miteinander und die Interaktion im Mittelpunkt stehen, scheinen derzeit noch nicht geeignet, um sie digital in gleicher Qualität zu Präsenzveranstaltungen anbieten zu können. Gleichzeitigkeit, Gleichräumlichkeit und Gleichsinnigkeit als Qualitätsmerkmale bei Präsenzveranstaltungen sind wichtige Qualitäten, auf die künftig nicht verzichtet werden wird. Eine Mischung aus digitalen Angeboten und solchen in Präsenz wird es im besten Fall in der Zukunft geben. So könnte das Spektrum der Angebote erweitert und viele unterschiedliche Ältere in den derzeit 171 kommunalen Seniorenvertretungen angesprochen werden.

Barbara Eifert und Karl-Josef Büscher

Foto 1 und 2 privat, Barbara Eifert und Karl-Josef Büscher

Quellenangaben:

Achter Altersbericht der Bundesregierung: Ältere Menschen und Digitalisierung

Expertise „Digitale Teilhabe und (digitale) Exklusion im Alter (2020)“:
Anja Ehlers, Dr. Moritz Heß, Dr. Susanne Frewer-Graumann, Dr. Elke Olbermann und Philipp Stiemke (Forschungsgesellschaft für Gerontologie e. V. / Institut für Gerontologie an der TU Dortmund)

Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO)

Stellungnahme der Landesseniorenvertretung NRW zum Gesetz ‚Medienbruchfreie Digitalisierung

Alle Rechenschaftsberichte der Landesseniorenvertretung NRW seit dem Jahr 2000

Letzte Aktualisierung: 1. Dezember 2021

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Dieser Beitrag ist Teil des Themenmonats 12/2021 "Stärkung digitaler Kompetenzen für ältere Menschen mit erhöhtem Hilfebedarf".

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